Fast zwei Drittel für Upload-Filter

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Wikipedia sieht Upload-Filter als große Gefahr

Wikipedia sieht Upload-Filter als große Gefahr. Dieses Foto steht jedoch unter der CC-BY-SA 4.0 und fällt somit nicht unter den Upload-Filter … oder doch? … wer weiß das schon …

Das EU-Partlament hat heute am 12.09.2018 für sog. Upload-Filter unter Artikel 13 gestimmt. Mit 438 Ja-Stimmen, 226 Nein-Stimmen und 39 Enthaltungen haben über 62% der PalamentarierInnen die Kritik von Bürgern, Netzaktivisten und hochrangigen IT-Experten ignoriert und für Upload-Filter und ein Leistungsschutzrecht gestimmt.

Was haben Upload-Filter für Folgen?

Generell ein weniger freies Internet.

Besucht man in Zukunft große Plattformen, wie z.B. YouTube, Google oder auch Wikipedia, dann sieht man dort nur noch eine Auswahl von Inhalten, die Nutzer hochgeladen haben. Diese Auswahl wurde vom Betreiber erstellt, genauer gesagt von einem Upload-Filter (also wahrscheinlich einem KI basierten Algorithmus), um Urheberrechtlich geschütztes Material nicht zu veröffentlichen. So ein Filter wird – schaut man sich bisherige Algorithmen dieser Art an – höchst wahrscheinlich nicht frei verfügbar sein, sodass jede Plattform unterschiedlich und nicht transparent filtert.

Böse formuliert: Schaut man zum nächsten G20 Gipfel Videos auf YouTube und möchte sich informieren, wird sich zeigen, ob man außer Selbstbeweihräucherungen der Politiker etwas von den Krawallen mitbekommt. Klar, diese Krawall-Videos sind nicht Urheberrechtlich geschützt, aber das kann der Algorithmus ja behaupten, auch wenn die Gründe anderer Natur sind. Ich denke die Richtung ist klar …

Und das Leistungsschutzrecht?

Der Artikel 13 wurde von den Lobbyisten starker Verlage gepusht und unterstützt diese im Kampf gegen die ach so bösen bösen Nachrichten-Suchmaschinen und -Aggregatoren, wie z.B. Google News oder reddit. Auch soziale Medien sind betroffen, denn um jetzt einen Link von einer echten Redaktion zu teilen, müsste man Geld bezahlen. Schon Überschriften (oder eben wirklich nur den Link) zu teilen ist ohne weiteres nicht mehr möglich.

Da man somit nicht einfach mal eben einen Link bei Facebook teilen kann, wird sich jetzt sicherlich einiges ändern (sofern sich alle dran halten). Stimmen sagen sogar, dass es Google News bald nicht mehr geben wird, genauso wenig, wie Bildersuchen und diverse Plattformen, die darauf basieren Nachrichten zu verbreiten. Auch sind viele Konten bei YouTube, Facebook, Twitter und anderen social-media Plattformen gefährdet.

Großes Problem für Wikipedia

Bei Wikipedia, der freien und überaus beliebten Enzyklopädie, ist die Situation ähnlich kritisch. Jede Änderung am Inhalt, unterliegt jetzt einer Filter-Pflicht um das Leistungsschutzrecht ein zu halten. Man müsste also bei einer Textänderung beweisen, dass der Inhalt legal und nicht geschützt ist.

Entweder es editieren ab jetzt wesentlich weniger Menschen Wikipedia, weil a) der Inhalt tatsächlich geschützt ist (was nicht unwahrscheinlich ist) oder b) weil die Person keine Lust darauf hat (was ebenfalls denkbar ist). Möchte man dies umgehen, benötigt auch Wikipedia einen Upload-Filter. Ein Algorithmus, der – betrachtet man wieder existierende Systeme – mit einer hohen Fehlerquote das Wissen der Welt filtert.

Gewinner sind nur Verlage?

Jetzt ein Gedanke, den ich bei der ganzen Sachen habe: Ich sehe bisher keinen Vorteil für die Bürger Europas, auch wenn die Arbeitgeber vieler Bürger (z.B. ein Verlag oder eine Redaktion) besser geschützt sind. Ich kann mir aber auch folgendes Szenario vorstellen:

Vor dem Upload-Filter habe ich bei reddit einen Artikel eines Springer-Verlages mit Vorschaubildchen gesehen. Der Titel klingt interessant, ich klicke drauf, lese den Artikel, freue mich und der Verlag hatte einen glücklichen Leser.

Nach dem Upload-Filter sehe ich keinen Link bei reddit. Ich besuche somit nicht die Seite von diesem Springer-Verlag, lese keinen Artikel und die Seite hatte keinen Leser. Der Vorteil von Nachrichten-Aggregatoren ist ja gerade, dass die Seite eines Nachrichtenartikels an eine größere Leserschaft herangetragen wird (in anderen Worten: Viele Menschen – darunter ich – sind zu faul um manuell alle Seiten ab zu klappern).

Ich glaube nicht, dass Springer und Co. groß gewinnen werden. Nur wegen der Upload-Filter bin ich nicht bereit bei jedem Verlag zu bezahlen um eventuell einen interessanten Artikel zu lesen. Dennoch bin ich gespannt, wie sich das entwickeln wird, wahrscheinlich jedoch nicht zum Guten.

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3 Kommentare

  1. AdPoint GmbH

    Hallo Hauke,
    ich stimme dir voll und ganz darin zu, dass Verlage sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden. Tatsächlich ist es doch eher ein Nachteil für Verlage, wenn Leute die Links zu ihren Seiten nicht mehr posten dürfen. Damit entgeht ihn eine Menge Traffic und Reputation.
    Viele Grüße, Felix

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  2. ONMA

    Ich selbst habe früher öfter in Wikipedia gelesen. Ich hoffe, wir können immer noch ohne Probleme darauf zugreifen.

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  3. Tonycliftontaxi

    Aha ständig anpassen? Dann ist der Datenpool für den Algorithmus aber noch immer nicht sonderlich groß. Wurde das System nicht mal als selbstlernend beschrieben? Also meine Wohnung ändert nicht ständig die Parameter

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